Mittwoch, 22. August 2012

Donnerstag, 28. Juni 2012

Reisen bildet

Trotz meiner kaum veränderten körperlichen Einschränkungen mache ich mich verspätet auf meine seit langem geplante Reise noch Norddeutschland.

In der Dialysestation der niedersächsischen Kleinstadt sammle ich ganz neue, positive Erfahrungen. Noch nie zuvor habe ich einen Stationsarzt in solch einer Einrichtung erlebt, der sich soviel Zeit für aufklärende Gespräche mit seinen Patienten nimmt wie hier. Wir reden über meine Perspektiven und Alternativen zur Dialyse, wie Nierentransplantationen mit ihren Vor- und Nachteilen, meinen (fehlenden?) Voraussetzungen für solch einen Eingriff und die nötigen Verhaltensänderungen, um von meiner Seite die Erfolgsaussichten eines weiteren chirurgischen Eingriffs zu verbessern. Knallhart wie noch nie zuvor prognostiziert mir eine erfahrene Krankenschwester noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von zwei Jahren, wenn ich meine tägliche Flüssigkeitszufuhr nicht endlich nachhaltig reduziere. So kann es auch nicht weitergehen: nach der Entnahme von fünfeinhalb Litern muss ich mich mit dem Rollstuhl zum Taxi schieben lassen, meine Lebensqualität ist nach solch einer Dialyse deutlich eingeschränkt. Ich muss endlich lernen, mit den Konsequenzen meiner Erkrankung leben zu lernen und mich auf die damit verbundenen Einschränkungen einzustellen.

Unfallfolgen

Zunächst das Positive: meine Anreisen zur Dialysestation reduzierten sich während der vergangenen Tage auf ein Verrollen meines Bettes innerhalb des Krankenhauses. Nach vier Tagen kann ich endlich meinen rechten Oberarm wieder halbwegs schmerzarm bewegen.

Allerdings bleibt jedes Beugen oder Drehen meines Körpers weiterhin sehr schmerzhaft. Die ersten drei Tage konnte ich mich überhaupt nicht aus dem Bett erheben, nach fünf Tagen blieb ich zumindest die zwei Minuten auf den Beinen, die sanitäre Notwendigkeiten benötigten - bis mich die unerträglich erscheinenden Schmerzen wieder ins Krankenbett zurückwarfen. Als sich der Gesamtzustand auch am Ende des sechsten Tages kaum zu bessern schien, bat ich um ein Gespräch mit einer Sozialarbeiterin. Das Ziel: welche Möglichkeiten gibt es, um einen Rekonvaleszenten wie mich weiter zu betreuen? Jemanden, der zu gesund für einen weiteren Aufenthalt im Krankenhaus, aber noch nicht gesund genug für eine weitere Genesung in der heimischen Umgebung ist. Das Ergebnis: am ehesten kommt für solch eine Betreuung noch eine "geriatrische Einrichtung" in Betracht. Bin ich wirklich schon so alt?

Die gute Nachricht: in der vergangenen Nacht sind die Körperschmerzen soweit abgeklungen, dass ich mich zumindest einige Minuten auf den Beinen halten kann. Medicus curat, natura sanat. Ich entlasse mich am siebten Tag selbst aus dem Krankenhaus.

Vermeidbare Schäden

Prolog:

Wie so häufig während der letzten Wochen fahre ich mit meinem Motorroller am frühen Mittwochnachmittag zur Dialyse in meiner Heimatstadt. Es hatte kurz zuvor geregnet, der Asphalt ist noch feucht und dunkel. Die Strecke führt teilweise über Wege und verkehrsarme Strassen, direkt an einer U-Bahn-Linie vorbei. In einer dieser Straßen steht am linken Rand ein weißer PKW, rechts verbleibt ein geräumige Fahrbahnbreite von zweieinhalb Metern. Ich bin vielleicht noch acht Meter von dem PKW entfernt, als unvermittelt und zügig hinter ihm eine weiße Stange in diesen Freiraum hineinfährt und die Fahrbahnbreite auf einen Meter reduziert. Ich versuche, noch zu bremsen und ziehe nach rechts, merke aber schnell, dass das Motorrad unter mir wegrutscht und ich auf die Bordsteinkante zuschleudere. (Ende des Prologs)

Ich komme wieder zu mir, als zwei Männer an meinen Armen zerren und mich aus der Böschung heben wollen. Das Motorrad steht bereits wieder, etwas absurd erscheint mir, dass der Motor weiterhin läuft. Hinter dem PKW liegt auf der Straße ein Rasenkantentrimmer. Ich sortiere langsam meine Gedanken, das Puzzle setzt sich zusammen. Einer der Männer war zuvor mit dem Trimmer, vor seiner Brust hertragend, ohne Rücksicht auf den Verkehr auf die Straße getreten. Spontane Schadenserfassung: Schmerzen in der gesamten rechten Körperhälfte, meine Knochen scheinen noch intakt zu sein, Scherben des Frontscheinwerfers liegen über die Straße verstreut. Ich setze mich auf die Bordsteinkante. Eine Zeugin meldet sich, ich notiere mir ihre Rufnummer. Ich rufe die 110 an, melde den Unfall. Wenige Minuten später höre ich die Alarmsirenen, gefolgt von einem Polizeiauto, einem Notarztwagen und einem Krankentransportwagen. Vage bekomme ich noch mit, dass die Polizisten Personalien erfassen und Beweisfotos machen, während ich zum Krankentransporter geleitet werde. Satzfetzen dringen in mein Bewusstsein: "Legen Sie sich erstmal hin." "Hier sind Ihre Papiere zurück." "Wo ist Ihre Krankenversicherungskarte?" "Wir haben Ihr Motorrad abgeschlossen." Die Türen des Krankentransporters schließen sich und die Fahrt zum Kreiskrankenhaus beginnt. Dort das (übliche?) Prozedere: Notfallaufnahme und Fragen nach den Symptomen, Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule und des rechten Beckenbereichs, Sonografie des Unterbauchs, später noch eine Computertomografie. Die Befunde: die gesamte rechte Körperflanke ist in Mitleidenschaft gezogen. Angefangen über die abgewetzten Socken im rechten Zehenbereich über handtellergroße Hämatome am Oberschenkel und einen großflächiges Bluterguss unter Hautabschürfungen im rechten Hüftbereich bis hin zu Schmerzen im rechten Schultergelenk. So ähnlich müsste sich mein Körper anfühlen, wenn er in eine herzhafte Prügelei geraten wäre ...

Epilog:

Die heutige Dialysesitzung begann später als geplant.

Samstag, 19. Mai 2012

Nachtdialysen

Ich habe mich mal wieder aus meiner Region hinausgetraut. Diemal in unsere Bundeshauptstadt - und dann gleich für eine Woche. Meine Konditionseinbrüche beschränken sich in der Zwischenzeit auf die ersten ungefähr 20 Stunden nach dem jeweiligen Dialysebehandlungsende und können somit in meiner Tagesplanung berücksichtigt werden. In Berlin habe ich erstmals Nachtdialysen gewagt: Beginn gegen 22:30, Ende gegen 05:00. Von einem erquickenden Schlaf konnte man zumindest in der ersten Nacht nur träumen. Eine ungewohnte Umgebung, sporadische Kontrollen der Nachtschwestern und gelegentliche Alarme ließen kaum eine REM-Phase zu. Zu Beginn der zweiten Nachtdialyse habe ich mir gleich ein Schlafmittel verabreichen lassen - mit Erfolg.

Freitag, 27. April 2012

Drei auf einen Streich

oder besser: während einer Narkose. 1. In der Shunt-Vene im linken Oberarm hatten sich zwei Gabelungen ausgebildet, die unterbrochen wurden; 2. der Demers-Katheter funtionierte nicht mehr richtig, die Fördermenge war zu gering und ein Abpumpen des Blutes nur über den eigentlich für die Rückführung des Blutes gedachten Schenkel möglich; der Katheter wurde erneuert und 3. die Ureterschienen wurden durch neue sterile ersetzt. Dazu teilten sich Gefäßchirurgen und Urologen einen OP-Saal. Ich habe den Eingriff leidlich überstanden, litt allerdings einen Tag später während der Dialyse an Erbrechen und einer schmerzhaften Gallenkolik. Und über allem liegt wie eine bleierne Decke meine allgemeine Mattheit ...

Dienstag, 3. April 2012

Nachtdialyse mit Startschwierigkeiten

Meine dritte Gastdialyse außerhalb meines Wohnortes begann gegen 17:15 Uhr im Ruhrgebiet. Das Pflegepersonal umsorgte mich fast liebevoll. Leider war die Abfuhr meines Blutes über den Demers-Katheter nicht sonderlich erfolgreich; die Einlassstelle in der Nähe meines Herzvorhofs schien sich immer wieder an der Gefäßwand anzusaugen. Alle Tricks wie Durchspülen mit Kochsalzlösung, Lageveränderungen meines Oberkörpers oder der Versuch, dem Problem eins zu husten, fruchteten nichts. Die Konsequenz: eine kleinkalibrige Braunüle (für Insider: violettfarben) wurde mir durch die Haut gestochen und erstmals wurde mir über den erst wenige Tage zuvor angelegten Oberamshunt Blut abgesaugt. Die Rückfuhr konnte weiterhin über den Katheter in meiner Brust erfolgen.

Diese Unbill wurde etwas kompensiert durch ein warmes Abendessen am Bett und ein Speiseeis zu vorgerückter Stunde.

Freitag, 30. März 2012

Nachoperation

Am 13. Januar dieses Jahres ist in einer Operation ein Shunt als Kurzschluss zwischen einer Arterie und einer Vene in meinem linken Unterarm angelegt worden. Diese Operation hat sich als erfolglos erwiesen; der Shunt hat sich wieder geschlossen. Da andererseits solch ein Shunt mittelfristig für eine Dialyse als unumgänglich beschrieben wurde, kam ich gestern erneut unters Messer. Anderes Krankenhaus, anderer Gefäßchirurg, andere Position am linken Arm: diesmal knapp oberhalb der Ellenbeuge. Andererseits gleichartige Operationsvorbereitung, schnelles Dahindämmern nach dem Einleiten der Narkose, beschwerdefreies Aufwachen in der Intensive Care Station. Die Betreuung durch das Pflegepersonal war diesmal um Klassen aufmerksamerer und patientenorientierter als zweieinhalb Monate zuvor.

Montag, 19. März 2012

Gastdialyse (zum 2.)

Mein nächster Wochenendauswärtsaufenthalt führte mich in eine Stadt, die 1648 zu einem zentraleuropäischen Frieden beigetragen hat. Die Vorab-Informierung der dortigen Dialysestation erfolgte nicht ganz so unkompliziert wie bei der ersten Gastdialyse. Als Konsequenz habe ich meine Patientendaten im Web abgelegt. Die zugehörige Webadresse und die weiteren Zugriffsdaten werden zukünftig von mir selbst den externen Dialysestationen mitgeteilt.

Die Betreuung während der Behandlung war vorzüglich: ein warmes Mittagessen, Kaffee und Kuchen - und selbst der Taxifahrer, der mich anschließend zum Wohnmobil zurückfuhr, zeigte Geduld und wartete, bis sich mein Kreislauf stabilisert hatte und ich transportfähig war.

Donnerstag, 15. März 2012

Kreislaufschwächen

Ich habe es immer noch nicht geschafft, weniger als zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag zu mir zu nehmen. Und Flüssigkeit umfasst hier auch den Wasseranteil im Obst oder Gemüse. Die Konsequenz: Fast die gesamte zugeführte Flüssigkeitsmenge muss während der Dialyse auch wieder entzogen werden - maximal sechs Liter in sechs Stunden. Während die zugeführte Flüssigkeit mindestens 42 Stunden Zeit hat, sich auch im Körpergewebe zu verteilen, kann sie nicht innerhalb der sechs Stunden wieder komplett in die Blutbahnen zurück diffundieren. Die körperlichen Konsequenzen für mich: Krämpfe in den Beinen und Unterarmen, die häufig noch Stunden nach der Beendigung einer Dialyse anhalten, und Kreislaufschwächen. Unmittelbar nach der gestrigen Dialyse maß eine Krankenschwester einen systolischen Blutdruck von 70 mmHg, einen diastolischen konnte sie nicht feststellen. Meine körperliche Belastbarkeit noch Stunden nach einer Behandlung ist deutlich eingeschränkt; ich bin dankbar für jede Gelegenheit, mich sitzend auszuruhen. Mein Leben ist nicht einfacher geworden ...

Dienstag, 21. Februar 2012

Gastdialyse (zum 1.)

Ich habe mir etwas Bewegungsfreiheit zurückerobert. Am vergangenen Wochenende wurde ich erstmals geplant außerhalb meines Wohnortes dialysiert. Der Dialysestation in einem norddeutschen Provinzstädtchen wurden die Behandlungsdaten schon drei Wochen zuvor mitgeteilt. Um Unwägbarkeiten bei der Anreise zu minimieren, reiste ich vorsichtshalber bereits am Vortag an. Die Dialyse selbst verlief unaufgeregt und professionell. Insgesamt waren die Erfahrungen ermutigend ...

Sonntag, 5. Februar 2012

Dialyseweile

Meine letzten Dialysesitzungen dauerten jeweils sechs Stunden - netto. Zuzüglich An- und Abreise, Vor- und Nachbereitungen und Erholungsnickerchen wird meine selbstbestimmte Zeit um acht Stunden dreimal in der Woche verkürzt. Dank der Quarantäne, die mir immer noch auferlegt ist, habe ich ein Behandlungszimmer für mich. Dies erspart mir zumindest Verteilungskämpfe um die Fernsehfernbedienung. Meine Programmpreferenzen, arte, Phoenix und 3Sat, ließen sich ansonsten wahrscheinlich nicht so leicht umsetzen ...

Dienstag, 24. Januar 2012

Dürre

Die ersten drei Dialysen in meinem Wohnort liegen hinter mir. Nach der ersten bin ich noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause gefahren. Auf den letzten hundert Metern vor meiner Haustür brach mein Kreislauf etwas zusammen und ich machte schlapp. Die Konsequenz: die nächsten Fahrten zwischen meiner Wohnung und der Dialysestation wurden mit dem Taxi zurückgelegt.

Mein Trinkverhalten blieb unverändert. Allerdings gab es mir schon zu denken, dass meine Urinförderleistung von ca. 3,5 l/Tag auf nur noch ca 500 ml/Tag gesunken war. Die Konsequenz bei der Wägung heute morgen: innerhalb von sieben Tagen hatte sich mein Gewicht um ca. 13 kg erhöht. Die Konsequenz wiederum daraus: ab sofort wird meine Flüssigkeitszufuhr streng reglementiert und auf die tägliche Urinfördermenge plus einem Liter begrenzt. Versteckte Flüssigkeiten, wie sie beispielsweise in Joghurts enthalten sind, müssen mitgezählt werden und Suppen haben ab sofort für mich tabu zu sein.

Dienstag, 17. Januar 2012

Kulinarische Veränderungen

Zu meinen Lieblingsgerichten gehört frisch zubereitetes Gemüse wie beispielsweise Spinat, diverse Kohlvarianten oder Tomaten, an Obst bevorzuge ich Bananen, Weintrauben, auch mal eine Honigmelone und mitunter lege ich einen Salattag ein. Und zu meinen bevorzugten Getränken gehören neben Buttermilch und Cola Light Gemüse- und Obstsäfte.

Meine vorerst letzte Dialyse in diesem Krankenhaus liegt seit einer Stunde hinter mir. Ab dem übernächsten Tag wird sie wohnortnäher fortgesetzt. Den gestrigen behandlungsfreien Tag nutzte eine Ernährungsberaterin, um mir die ab sofort nötigen Umstellungen auf eine kalium- und phosphatarme Kost nahezubringen. Eine kleine Auswahl ihrer Empfehlungen:

Milch- und Milchprodukte
ungeeignet: Buttermilch
geeignet: Sahne

Obst
ungeeignet: Banane, Traube, Melone
geeignet: Obstkompott

Gemüse
ungeeignet: Tomaten, Spinat, Kohlgemüse
geeignet: Gurke, Lauch, Radieschen

Getränke
ungeeignet: Obstsäfte, Gemüsesäfte, Cola (auch Light)
geeignet: Mineralwasser

Mein Leben wird nicht bunter ...

Samstag, 14. Januar 2012

Intensive Erfahrungen

Gestern Nachmittag wurde wieder an mir rumgeschnibbelt. Ein Führungsdraht wurde durch den Shaldon-Katheter eingeführt, der Katheter aus der Jugularvene entfernt, über den Führungsdraht der Demers-Katheter eingefädelt und subkutan aus der Brust unterhalb des Schlüsselbeins herausgeführt und schließlich noch ein Shunt, ein arteriell-venöser Kurzschluss im linken Unterarm, angelegt. Das ganze erfolgte unter Vollnarkose; bei der Einleitung der Narkose habe ich es gerade noch geschafft, von "100" bis "85" rückwärts zu zählen, bevor meine Sinne schwanden.

Um so intensiver habe ich mein Leiden auf der Intensivstation nach dem Wiedererlangen meines Bewusstseins erlebt. In einem separaten Raum, abgeschirmt von Pflegern und Krankenschwestern, mit bandagiertem linken Unterarm und Braunüle in der rechten Ellenbeuge fühlte ich mich zur Bewegungslosigkeit verdammt. Das Patientenhemd bedeckte nur einen Teil meines Oberkörpers, mir war kalt. Ein Alarmknopf war nicht auszumachen. Die einzige Möglichkeit, um auf mich aufmerksam zu machen, bestand im Rufen. Nach einiger Zeit hörte ich nur ein "Haben Sie Geduld; wir kommen gleich" in der Türlaibung. Das ist genau die Reaktion, die man sich in solch einer Situation erhofft ...

Während eines Schüttelfrostanfalls bemühte sich ein Pfleger ("Hansi") doch noch in mein Zimmer, bedeckte mich hastig und verabschiedete sich mit einem "Sie haben keine Schmerzen. Also brauchen Sie auch nicht so zu markieren. Jetzt kommen Sie mal runter!". Empathie mit leidenden Patienten sieht für mich anders aus ...

Irgendwann, gegen 22:55 Uhr, kam "meine zuständige" Krankenschwester doch noch zu mir und begann mit einem "Wir haben noch 11 Patienten, Sie sind der Letzte. Und allen anderen geht es schlechter als Ihnen!" ihre Aktivitäten rund um mein Bett. Auf meine Bitte nach einem Alarmknopf erfolgte keine Reaktion.

Alarmknopflos blieb mir später keine andere Wahl, als das Oxymeter von meiner Fingerkuppe abzuziehen und somit einen Alarm auszulösen. Als sich nach einer halben Stunde danach immer noch kein Pfleger blicken ließ, bin ich ermattet eingeschlafen. Heute gegen 06:30 habe ich dann wieder einen Pfleger wahrgenommen, als er eine volle Flasche Malat-Lösung, die die gesamte Nacht über an meiner Braunüle angeschlossen war, vom Infusionsträger nahm und wegwarf. Man hatte offenbar vergessen, die Rollklemme des Durchflussreglers zu öffnen.

Ich habe schon einige Erfahrungen in Intensivstationen sammeln müssen. Solch eine wenig ausgeprägte Patientenorientierung wie auf dieser Station in diesem Krankenhaus ist mir dabei bisher noch nicht begegnet. Vielleicht bin ich auch deshalb leicht erschüttert, weil diese Einstellung in einem so großen Gegensatz zur von mir erlebten Haltung des Pflegepersonals auf den anderen Stationen steht.

Dienstag, 10. Januar 2012

Hiobsbotschaft

Soeben hat mir der Stationsarzt eröffnet, dass ich bei einer Nieren-Filtrationsrate von 8 ml/Min weit von einer dialysebefreienden Rate von 15 ml/Min entfernt sei. Die Konsequenz: ich werde Dauerdialysepatient. Alle zwei bis drei Tage werden - zumindest mittelfristig - Blutwäschestationen von mir aufgesucht werden. Die Optionen: Anlegen eines Demers-Katheters und parallel dazu das Reifenlassen eines Shunts im Unterarm, über die zukünftig die Dialyse erfolgen werden.

Meine Bewegungsfreiheit wird weiter eingeschränkt; alle Träume von Fernreisen sind vorerst wie Seifenblasen zerplatzt. Ich werde mein Leben auf diese neuen Vorgaben anpassen müssen ...

Montag, 9. Januar 2012

Besuche

Gestern haben mich A., eine Ex, und D. besucht und kleine Geschenke gebracht. A.s "Nahrungsergänzung" hilft etwas über die kalium- und phosphatarme vegetarische und damit auf Dauer eintönige Krankenhauskost hinweg ...

Heute Nachmittag haben sich S. und R. aus Bochum hierher bemüht, um mir etwas Beistand zu leisten. Eine nette und nicht unaufwändige Geste ...

Freitag, 6. Januar 2012

Quarantäne

Der italienische Bettnachbar wurde gestern durch einen Vordertaunusbewohner ersetzt, dem heute ein Defibrillator eingesetzt wird. Noch während seines Eingriffs stürmte ein kostümierter Pfleger ins Krankenzimmer, teilte mir mit, dass ein hochresistenter Keim bei mir entdeckt worden sei und ich vorläufig mein Zimmer nicht mehr verlassen dürfte. Die Kleidung meines Zimmernachbarn wurde entfernt und ich sehe mich in einer milden Variante einer Isolationsfolter.

Donnerstag, 5. Januar 2012

Vervollständigung

Der Lotse ist mit meinem Wohnmobil eingetroffen, es steht jetzt auf dem Krankenhausparkplatz. Nach einigen Formalien nebst Schlüsselübergabe begebe ich mich im Bademantel zum Auto, um endlich meine Handy-Netzteile, den Laptop, auf dem ich jetzt diese Berichte schreibe und etwas Leibwäsche ins Krankenzimmer zu holen.

Das Innere des Wohnmobils wirkt etwas chaotisch sortiert und mein Motorrad liegt in der Heckgarage, anstatt wie in meinen Hinweise erbeten und beschrieben senkrecht und aufgebockt zu stehen. Naja, was soll's ...

Mittwoch, 4. Januar 2012

Probleme mit dem Wohnmobil

Seit zwei Tagen wird auch mein Wohnmobil zurückgefahren. Der "Lotse" meldete sich soeben aus der Nähe von Metz. Ob ich einen Ersatzreifen an Bord hätte? Einer der Hinterreifen sei geplatzt. Nach einem weiteren Telefonat einigen wir uns darauf, dass er den mitgeführten Sommer-Ersatzreifen montieren lässt und auf ein Abschleppen verzichtet. Die Verbrauchskosten (Treibstoff und Mautgebühren) werden mir vom ADAC noch in Rechnung gestellt.

Ich hatte mich auf einen Duschgang heute früh gefreut. Etwas überraschend wurde ich allerdings bereits um 07:00 Uhr zur Dialyse abgeholt. Nach meiner Rückkehr fand ich die Ehefrau meines italienischen Zimmergenossen als Dauerbesucherin in meinem Krankenzimmer vor. Man sollte die Besuchszeit in einem Mehrbett-Krankenzimmer auf eine Stunde pro Tag begrenzen ...

Erste Dialyse in Deutschland

Wurde heute Vormittag dialysiert. Fand nach meiner Rückkehr Dummschwätzer ("Ich hasse Italiener und Schwarze!") im Nachbarbett vor. Ich wurde glücklicherweise (?) im Laufe des frühen Nachmittags auf ein anderes Zimmer verlegt. Fand dort einen älteren Sizilianer (aus der Nähe von Agrigento) mit seiner Familie vor.

Dienstag, 3. Januar 2012

Verbesserte Erreichbarkeit

Vorhin besuchte mich ein Freund (D.) auf der Krankenstation und brachte aus seinen Beständen Netzteile für zwei meiner Handys vorbei. Es tut gut, wieder in einer vertrauteren Umgebung zu sein, in der mich Freunde und Bekannte auch mal wieder aufsuchen können.

Ruhe ...

Werde noch in der Nacht in ein Krankenzimmer der Urologie verlegt. Aufwachen im abgedunkelten Ein-Bett-Zimmer mit geschlossener Zimmertür und elektrisch verstellbarem Bett, ohne geistig verwirrte nächtlich schreiende Mitpatienten, Krankenpfleger, die sich mit ihrem Namen vorstellen, Namensschilder tragen und eine verständliche Sprache sprechen, mit einer herrlichen Aussicht auf die Morgendämmerung über Frankfurt und bereitgestelltes Wasser mit Kohlensäure neben dem Bett. Gäbe es nicht die Ursachen meines Krankenhausaufenthalts, könnte es fast schön sein.

Notaufnahme

Problemlose Übergabe nach der Gepäckausgabe von Dr. F. an die wartenden Krankentransporteure. Fahrt zum Krankenhaus im Norden Frankfurts. Warte jetzt in Kabine 7 der Notaufnahme. Pfleger Stefan versucht vergebens, eine Braunüle zu legen und drüber Blut zu entnehmen. Leider gibt es auch hier noch keinen Internet-Zugang ...

Wieder in Frankfurt

Wir warten noch auf einen Rollstuhl, sind die beiden letzten PAXe an Bord. "Tschüssi"-Durchsagen der Besatzung über die Bordlautsprecher. Fahrt mit Elektrowägelchen durch den Flughafen.

Rückflug

Die letzten Blutwerte lagen im grünen Bereich. Flugtauglich! Die Lufthansa-Maschine ist ausgebucht. Alle 20 Minuten misst Dr. F. mit seinem mobilen Oxymeter meine Blut-Sauerstoffsättigung und den Puls. Es tut gut, erstmals seit über zwei Wochen anspruchsvolle Gespräche in Deutsch führen zu können. Er erzählt etwas über seine Vita (Studium der Mathematik, nach dem Vordiplom Wechsel zur Chemie, hatte Lehrstuhl im Bereich der Biomedizin (Genom-Forschung) inne und wurde schließlich Gastroenterologe), äußert sich trotzdem kritisch über den Wert der Wissenschaft im Allgemeinen und der Mathematik im Besonderen. Betreut jetzt im Ruhestand reisende Patienten und hat schon einige Ecken dieser Erde dabei kennen lernen dürfen. Seine Favoriten: Australien, Feuerland, Vancouver, Angkor Wat.

Transport zum Flughafen

Gegen 14:20 Uhr fährt Krankenwagen vor. Drei Pfleger, einer davon mit passablen Englischkenntnissen, übernehmen mich, erhalten den wie ein Staatsgeheimnis gehüteten Umschlag und messen auf der Fahrt zum Flughafen mehrmals meinen Blutdruck und einmal meinen Blutzuckerwert (111). Inhalt des Umschlags: 4 Seiten, ohne die Werte der heute Morgen entnommenen Blutprobe. Scheiss Geheimniskrämerei! Hätte ich den Umschlag persönlich erhalten, hätte ich noch im Krankenhaus diese Werte anmahnen können.

Am Lufthansa-Check-In-Schalter wartet Dr. F. Nach einem Blick auf meine "umfassende" Krankenakte meint er, mein Hämoglobin sei - zumindest vor drei Tagen - zu niedrig gewesen, die Sauerstoffsättigung im Blut zu gering und ich nicht flugtauglich. Hastig werden im Krankenhaus die letzten heutigen Blutwerte zunächst telefonisch erfragt und dann zum Lufthansa-Schalter gefaxt, während ich im Krankenwagen noch eine Dosis reinen Sauerstoffs erhalte.

Montag, 2. Januar 2012

Informationsbettelei

Bin erstmals seit Tagen nicht mehr im (Arzt-)Patienten-Einwegkittel, sondern in Alltagskleidung. Meine Frage im Ärztezimmer, so gegen 09:30 Uhr, "When can I get copies of my medical reports?", wird zunächst mit "Wait a couple of minutes!", bei einer Wiederholung nach einer halben Stunde mit "Wait for your doctor in your room." beantwortet. I'm not amused. Ich versuche es mit einem "I may be regarded as a patient, but slowly I get impatient!"

Gegen 13:15, eine Stunde vor der geplanten Abholung, wird mir ein dünner, verschlossener Umschlag mit den Worten gezeigt, "It contains everything about you." ??? Meine Bitte, mir den Umschlag zu übergeben, wird abgewiesen. Was soll diese Entmündigung des Patienten?

Sonntag, 1. Januar 2012

Schlüsseltausch

Ich habe vor einer halben Stunde meine Wohnungsschlüssel überbracht bekommen. Dieser problemlose Tausch weckt Vertrauen in meinen persönlichen Rücktransport, der für Übermorgen angekündigt ist.