Dienstag, 24. Januar 2012

Dürre

Die ersten drei Dialysen in meinem Wohnort liegen hinter mir. Nach der ersten bin ich noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause gefahren. Auf den letzten hundert Metern vor meiner Haustür brach mein Kreislauf etwas zusammen und ich machte schlapp. Die Konsequenz: die nächsten Fahrten zwischen meiner Wohnung und der Dialysestation wurden mit dem Taxi zurückgelegt.

Mein Trinkverhalten blieb unverändert. Allerdings gab es mir schon zu denken, dass meine Urinförderleistung von ca. 3,5 l/Tag auf nur noch ca 500 ml/Tag gesunken war. Die Konsequenz bei der Wägung heute morgen: innerhalb von sieben Tagen hatte sich mein Gewicht um ca. 13 kg erhöht. Die Konsequenz wiederum daraus: ab sofort wird meine Flüssigkeitszufuhr streng reglementiert und auf die tägliche Urinfördermenge plus einem Liter begrenzt. Versteckte Flüssigkeiten, wie sie beispielsweise in Joghurts enthalten sind, müssen mitgezählt werden und Suppen haben ab sofort für mich tabu zu sein.

Dienstag, 17. Januar 2012

Kulinarische Veränderungen

Zu meinen Lieblingsgerichten gehört frisch zubereitetes Gemüse wie beispielsweise Spinat, diverse Kohlvarianten oder Tomaten, an Obst bevorzuge ich Bananen, Weintrauben, auch mal eine Honigmelone und mitunter lege ich einen Salattag ein. Und zu meinen bevorzugten Getränken gehören neben Buttermilch und Cola Light Gemüse- und Obstsäfte.

Meine vorerst letzte Dialyse in diesem Krankenhaus liegt seit einer Stunde hinter mir. Ab dem übernächsten Tag wird sie wohnortnäher fortgesetzt. Den gestrigen behandlungsfreien Tag nutzte eine Ernährungsberaterin, um mir die ab sofort nötigen Umstellungen auf eine kalium- und phosphatarme Kost nahezubringen. Eine kleine Auswahl ihrer Empfehlungen:

Milch- und Milchprodukte
ungeeignet: Buttermilch
geeignet: Sahne

Obst
ungeeignet: Banane, Traube, Melone
geeignet: Obstkompott

Gemüse
ungeeignet: Tomaten, Spinat, Kohlgemüse
geeignet: Gurke, Lauch, Radieschen

Getränke
ungeeignet: Obstsäfte, Gemüsesäfte, Cola (auch Light)
geeignet: Mineralwasser

Mein Leben wird nicht bunter ...

Samstag, 14. Januar 2012

Intensive Erfahrungen

Gestern Nachmittag wurde wieder an mir rumgeschnibbelt. Ein Führungsdraht wurde durch den Shaldon-Katheter eingeführt, der Katheter aus der Jugularvene entfernt, über den Führungsdraht der Demers-Katheter eingefädelt und subkutan aus der Brust unterhalb des Schlüsselbeins herausgeführt und schließlich noch ein Shunt, ein arteriell-venöser Kurzschluss im linken Unterarm, angelegt. Das ganze erfolgte unter Vollnarkose; bei der Einleitung der Narkose habe ich es gerade noch geschafft, von "100" bis "85" rückwärts zu zählen, bevor meine Sinne schwanden.

Um so intensiver habe ich mein Leiden auf der Intensivstation nach dem Wiedererlangen meines Bewusstseins erlebt. In einem separaten Raum, abgeschirmt von Pflegern und Krankenschwestern, mit bandagiertem linken Unterarm und Braunüle in der rechten Ellenbeuge fühlte ich mich zur Bewegungslosigkeit verdammt. Das Patientenhemd bedeckte nur einen Teil meines Oberkörpers, mir war kalt. Ein Alarmknopf war nicht auszumachen. Die einzige Möglichkeit, um auf mich aufmerksam zu machen, bestand im Rufen. Nach einiger Zeit hörte ich nur ein "Haben Sie Geduld; wir kommen gleich" in der Türlaibung. Das ist genau die Reaktion, die man sich in solch einer Situation erhofft ...

Während eines Schüttelfrostanfalls bemühte sich ein Pfleger ("Hansi") doch noch in mein Zimmer, bedeckte mich hastig und verabschiedete sich mit einem "Sie haben keine Schmerzen. Also brauchen Sie auch nicht so zu markieren. Jetzt kommen Sie mal runter!". Empathie mit leidenden Patienten sieht für mich anders aus ...

Irgendwann, gegen 22:55 Uhr, kam "meine zuständige" Krankenschwester doch noch zu mir und begann mit einem "Wir haben noch 11 Patienten, Sie sind der Letzte. Und allen anderen geht es schlechter als Ihnen!" ihre Aktivitäten rund um mein Bett. Auf meine Bitte nach einem Alarmknopf erfolgte keine Reaktion.

Alarmknopflos blieb mir später keine andere Wahl, als das Oxymeter von meiner Fingerkuppe abzuziehen und somit einen Alarm auszulösen. Als sich nach einer halben Stunde danach immer noch kein Pfleger blicken ließ, bin ich ermattet eingeschlafen. Heute gegen 06:30 habe ich dann wieder einen Pfleger wahrgenommen, als er eine volle Flasche Malat-Lösung, die die gesamte Nacht über an meiner Braunüle angeschlossen war, vom Infusionsträger nahm und wegwarf. Man hatte offenbar vergessen, die Rollklemme des Durchflussreglers zu öffnen.

Ich habe schon einige Erfahrungen in Intensivstationen sammeln müssen. Solch eine wenig ausgeprägte Patientenorientierung wie auf dieser Station in diesem Krankenhaus ist mir dabei bisher noch nicht begegnet. Vielleicht bin ich auch deshalb leicht erschüttert, weil diese Einstellung in einem so großen Gegensatz zur von mir erlebten Haltung des Pflegepersonals auf den anderen Stationen steht.

Dienstag, 10. Januar 2012

Hiobsbotschaft

Soeben hat mir der Stationsarzt eröffnet, dass ich bei einer Nieren-Filtrationsrate von 8 ml/Min weit von einer dialysebefreienden Rate von 15 ml/Min entfernt sei. Die Konsequenz: ich werde Dauerdialysepatient. Alle zwei bis drei Tage werden - zumindest mittelfristig - Blutwäschestationen von mir aufgesucht werden. Die Optionen: Anlegen eines Demers-Katheters und parallel dazu das Reifenlassen eines Shunts im Unterarm, über die zukünftig die Dialyse erfolgen werden.

Meine Bewegungsfreiheit wird weiter eingeschränkt; alle Träume von Fernreisen sind vorerst wie Seifenblasen zerplatzt. Ich werde mein Leben auf diese neuen Vorgaben anpassen müssen ...

Montag, 9. Januar 2012

Besuche

Gestern haben mich A., eine Ex, und D. besucht und kleine Geschenke gebracht. A.s "Nahrungsergänzung" hilft etwas über die kalium- und phosphatarme vegetarische und damit auf Dauer eintönige Krankenhauskost hinweg ...

Heute Nachmittag haben sich S. und R. aus Bochum hierher bemüht, um mir etwas Beistand zu leisten. Eine nette und nicht unaufwändige Geste ...

Freitag, 6. Januar 2012

Quarantäne

Der italienische Bettnachbar wurde gestern durch einen Vordertaunusbewohner ersetzt, dem heute ein Defibrillator eingesetzt wird. Noch während seines Eingriffs stürmte ein kostümierter Pfleger ins Krankenzimmer, teilte mir mit, dass ein hochresistenter Keim bei mir entdeckt worden sei und ich vorläufig mein Zimmer nicht mehr verlassen dürfte. Die Kleidung meines Zimmernachbarn wurde entfernt und ich sehe mich in einer milden Variante einer Isolationsfolter.

Donnerstag, 5. Januar 2012

Vervollständigung

Der Lotse ist mit meinem Wohnmobil eingetroffen, es steht jetzt auf dem Krankenhausparkplatz. Nach einigen Formalien nebst Schlüsselübergabe begebe ich mich im Bademantel zum Auto, um endlich meine Handy-Netzteile, den Laptop, auf dem ich jetzt diese Berichte schreibe und etwas Leibwäsche ins Krankenzimmer zu holen.

Das Innere des Wohnmobils wirkt etwas chaotisch sortiert und mein Motorrad liegt in der Heckgarage, anstatt wie in meinen Hinweise erbeten und beschrieben senkrecht und aufgebockt zu stehen. Naja, was soll's ...

Mittwoch, 4. Januar 2012

Probleme mit dem Wohnmobil

Seit zwei Tagen wird auch mein Wohnmobil zurückgefahren. Der "Lotse" meldete sich soeben aus der Nähe von Metz. Ob ich einen Ersatzreifen an Bord hätte? Einer der Hinterreifen sei geplatzt. Nach einem weiteren Telefonat einigen wir uns darauf, dass er den mitgeführten Sommer-Ersatzreifen montieren lässt und auf ein Abschleppen verzichtet. Die Verbrauchskosten (Treibstoff und Mautgebühren) werden mir vom ADAC noch in Rechnung gestellt.

Ich hatte mich auf einen Duschgang heute früh gefreut. Etwas überraschend wurde ich allerdings bereits um 07:00 Uhr zur Dialyse abgeholt. Nach meiner Rückkehr fand ich die Ehefrau meines italienischen Zimmergenossen als Dauerbesucherin in meinem Krankenzimmer vor. Man sollte die Besuchszeit in einem Mehrbett-Krankenzimmer auf eine Stunde pro Tag begrenzen ...

Erste Dialyse in Deutschland

Wurde heute Vormittag dialysiert. Fand nach meiner Rückkehr Dummschwätzer ("Ich hasse Italiener und Schwarze!") im Nachbarbett vor. Ich wurde glücklicherweise (?) im Laufe des frühen Nachmittags auf ein anderes Zimmer verlegt. Fand dort einen älteren Sizilianer (aus der Nähe von Agrigento) mit seiner Familie vor.

Dienstag, 3. Januar 2012

Verbesserte Erreichbarkeit

Vorhin besuchte mich ein Freund (D.) auf der Krankenstation und brachte aus seinen Beständen Netzteile für zwei meiner Handys vorbei. Es tut gut, wieder in einer vertrauteren Umgebung zu sein, in der mich Freunde und Bekannte auch mal wieder aufsuchen können.

Ruhe ...

Werde noch in der Nacht in ein Krankenzimmer der Urologie verlegt. Aufwachen im abgedunkelten Ein-Bett-Zimmer mit geschlossener Zimmertür und elektrisch verstellbarem Bett, ohne geistig verwirrte nächtlich schreiende Mitpatienten, Krankenpfleger, die sich mit ihrem Namen vorstellen, Namensschilder tragen und eine verständliche Sprache sprechen, mit einer herrlichen Aussicht auf die Morgendämmerung über Frankfurt und bereitgestelltes Wasser mit Kohlensäure neben dem Bett. Gäbe es nicht die Ursachen meines Krankenhausaufenthalts, könnte es fast schön sein.

Notaufnahme

Problemlose Übergabe nach der Gepäckausgabe von Dr. F. an die wartenden Krankentransporteure. Fahrt zum Krankenhaus im Norden Frankfurts. Warte jetzt in Kabine 7 der Notaufnahme. Pfleger Stefan versucht vergebens, eine Braunüle zu legen und drüber Blut zu entnehmen. Leider gibt es auch hier noch keinen Internet-Zugang ...

Wieder in Frankfurt

Wir warten noch auf einen Rollstuhl, sind die beiden letzten PAXe an Bord. "Tschüssi"-Durchsagen der Besatzung über die Bordlautsprecher. Fahrt mit Elektrowägelchen durch den Flughafen.

Rückflug

Die letzten Blutwerte lagen im grünen Bereich. Flugtauglich! Die Lufthansa-Maschine ist ausgebucht. Alle 20 Minuten misst Dr. F. mit seinem mobilen Oxymeter meine Blut-Sauerstoffsättigung und den Puls. Es tut gut, erstmals seit über zwei Wochen anspruchsvolle Gespräche in Deutsch führen zu können. Er erzählt etwas über seine Vita (Studium der Mathematik, nach dem Vordiplom Wechsel zur Chemie, hatte Lehrstuhl im Bereich der Biomedizin (Genom-Forschung) inne und wurde schließlich Gastroenterologe), äußert sich trotzdem kritisch über den Wert der Wissenschaft im Allgemeinen und der Mathematik im Besonderen. Betreut jetzt im Ruhestand reisende Patienten und hat schon einige Ecken dieser Erde dabei kennen lernen dürfen. Seine Favoriten: Australien, Feuerland, Vancouver, Angkor Wat.

Transport zum Flughafen

Gegen 14:20 Uhr fährt Krankenwagen vor. Drei Pfleger, einer davon mit passablen Englischkenntnissen, übernehmen mich, erhalten den wie ein Staatsgeheimnis gehüteten Umschlag und messen auf der Fahrt zum Flughafen mehrmals meinen Blutdruck und einmal meinen Blutzuckerwert (111). Inhalt des Umschlags: 4 Seiten, ohne die Werte der heute Morgen entnommenen Blutprobe. Scheiss Geheimniskrämerei! Hätte ich den Umschlag persönlich erhalten, hätte ich noch im Krankenhaus diese Werte anmahnen können.

Am Lufthansa-Check-In-Schalter wartet Dr. F. Nach einem Blick auf meine "umfassende" Krankenakte meint er, mein Hämoglobin sei - zumindest vor drei Tagen - zu niedrig gewesen, die Sauerstoffsättigung im Blut zu gering und ich nicht flugtauglich. Hastig werden im Krankenhaus die letzten heutigen Blutwerte zunächst telefonisch erfragt und dann zum Lufthansa-Schalter gefaxt, während ich im Krankenwagen noch eine Dosis reinen Sauerstoffs erhalte.

Montag, 2. Januar 2012

Informationsbettelei

Bin erstmals seit Tagen nicht mehr im (Arzt-)Patienten-Einwegkittel, sondern in Alltagskleidung. Meine Frage im Ärztezimmer, so gegen 09:30 Uhr, "When can I get copies of my medical reports?", wird zunächst mit "Wait a couple of minutes!", bei einer Wiederholung nach einer halben Stunde mit "Wait for your doctor in your room." beantwortet. I'm not amused. Ich versuche es mit einem "I may be regarded as a patient, but slowly I get impatient!"

Gegen 13:15, eine Stunde vor der geplanten Abholung, wird mir ein dünner, verschlossener Umschlag mit den Worten gezeigt, "It contains everything about you." ??? Meine Bitte, mir den Umschlag zu übergeben, wird abgewiesen. Was soll diese Entmündigung des Patienten?

Sonntag, 1. Januar 2012

Schlüsseltausch

Ich habe vor einer halben Stunde meine Wohnungsschlüssel überbracht bekommen. Dieser problemlose Tausch weckt Vertrauen in meinen persönlichen Rücktransport, der für Übermorgen angekündigt ist.